Gartendenkmal

Stella Junker - Gartendenkmalpflege und Freiraumplanung

St. Goar – Die Villengärten unterhalb der Burg Rheinfels

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Die Entstehung von Gartenanlagen im Bereich der Burg Rheinfels und in ihrer näheren Um-gebung ist im unmittelbaren Zusammenhang mit der sich über Jahrhunderte hinziehenden Entstehung und Erweiterung der Burganlage zu sehen.

So geht die Entstehung der Burganlage Rheinfels bis ins 13. Jahrhundert zurück. Nach etli-chen Besitzerwechseln gilt sie Mitte des 17. Jahrhunderts als stärkste und modernste Festung des Reiches, Ende des Jahrhunderts stellt sie den letzten linksrheinischen militärischen Standort dar. Nach ihrer Eroberung Ende des 18. Jahrhunderts erfolgt 1797 die Schleifung der Festungsanlagen. Es bleibt nur ein Bruchteil der ursprünglichen Anlagen erhalten. Seit 1925 ist sie im Besitz der Stadt St. Goar.

Bereits im 17. Jahrhundert entstehen im Zusammenhang mit dem Ausbau zur barocken Re-sidenz auch einige Gärten innerhalb der Festungsanlagen, wie ein Plan von Dilich 1648 zeigt.
An der äußersten Südseite entsteht ein „Lustgarten“ auf einem in den Fels gehauenen Plateau mit angrenzendem „Schneckengarten“. Auf eine landschaftliche Gestaltung auch im weiteren Umfeld der Burg verweist ein geschwungener Pfad von der Burg hinunter ins Rheintal.

Mit dem Bau der rheinbegleitenden Bahnlinie nach St. Goar 1869 gewinnen die Grundstücke in der Nähe der Rheinfels an Wert. So errichtet sich eine Künstlerfamilie 1878/79 auf einem Grundstück oberhalb der Straße zur Rheinfels eine Villa mit weitläufiger Gartenanlage, Gärt-nerhaus und Ställen.
Eine andere Villa besteht zu dieser Zeit bereits am Fuß des nördlichen Burghanges. Zu ihr gehört mit dem Burghang ein weitläufiges Grundstück, welches sich für eine ebenso reprä-sentative wie praktisch nutzbare Gestaltung anbietet. So wird die weitläufige Fläche zwischen Villa und Burgruine neu angelegt.
Fotografien aus den 1870er Jahren zeigen neben der Villa die Gestaltung einer parkartigen Anlage.

Eine vorgelagerte Treppe führt von zwei Seiten hinauf zur Villa, einem dreiteiligen Bau des Klassizismus, dessen einstöckiger Mittelbau zwei zweistöckige Flügelbauten miteinander verbindet. Auf der nördlichen Seite des Gebäudes führt eine weitere Treppe neben Pferdestall und Kraftfahrzeughalle zu einer dreigeteilten Terrassenanlage mit Rosen- und Ver-suchsgarten. Unterhalb der Terrassen schließen sich ein Treibhaus und ein Palmenhaus sowie Heuspeicher und Holzplatz an.
Von den Terrassen ausgehend wird der als Obstwiesenfläche gestaltete Hang durch Wege und Treppenanlagen erschlossen, unterbrochen von bastionsartigen Aussichtspunkten. An der nördlichen Hangkante des Geländes befindet sich ein Pavillon, das sogenannte Tusculum. Der Name "Tusculum" wird in der Gartengestaltung für aufwendige Gartenhäus-chen etwa seit dem 18. Jh. verwandt. Oberhalb des Tusculums bis zur Burgruine schließen sich vier Weinbergsterrassen an. Am Fuß der obersten Terrasse erstreckt sich entlang der Weinbergsmauer ein Bogengang, der zu einem Sitzplatz führt. An die unterste Terrasse schließen drei terrassierte Erdbeerbeete an.

Anfang der 1930er Jahre wurde die Villa zur Jugendherberge umgebaut und stark verändert.

Die der ehemaligen Villa zugeordnete Gartenanlage gehört zur Reihe der zahlreichen, in dieser Zeit in ganz Deutschland zunehmend durch das Bürgertum, durch Industrielle, Fabri-kanten oder Direktoren entstehenden Villenanwesen. Die zugehörigen Gartenanlagen reichen oftmals bis an die Burgen heran, um die Kulissenwirkung der Burgruinen zu nutzen. Weitere ähnliche Anlagen finden sich auch an den Burgruinen Lahneck, Schönburg oder Stolzenfels.

Bereits 2003 wurden erste Anstrengungen unternommen, die verbuschte Gartenanlage der Villa wieder freizustellen. In einem ersten Bauabschnitt wurden Treppen und Wege saniert und die Mauern der Bastionen, die bereits zu verfallen drohten, wieder aufgearbeitet.
Nach dem Freistellen des Geländes konnten auch die Obstwiesen als Streuobstanlagen wieder neu bepflanzt werden.

Zum besseren Verständnis der Gartenanlage wurde sie an das Stadt und Burg Rheinfels verbindende Erläuterungskonzept mit Informationstafeln aufgenommen.

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